Nach eineinhalb Jahren ist es unserem Chef gelungen N. R. Narayana Murthy, den Gründer des Unternehmens „Infosys“, in unser Projekt einzuladen. N. R. Narayana Murthy ist so etwas wie der indische Bill Gates, denn die Infosys Limited ist ein weltweit agierendes IT-Unternehmen und Marktführer in Indien mit Milliarden US-Dollar Umsatz.
Ihm zu Ehren fand gestern eine riesige function sprich Feierstunde statt. Dazu wurden auch alle aktiven und ehemaligen Volunteers eingeladen.
Was soll ich sagen?! Auch ich bin sehr gut im neuen Jahr angekommen! Aber fangen wir bei Weihnachten 2010 an.
Nach dem Ende unseres Midyear-Camps ging es am 23. Dezember gegen Abend mit dem sleeper-train von Mysore nach Mangalore. Wir hatte eine kleine Planänderung: Statt Susanne hat sich Philipp unserer Reisegruppe (Marleen, Georg und ich) angeschlossen. Was im Zug natürlich prompt zu Problemen geführt hat. Aber nach einer kleinen Nachzahlung weil der falsche Name auf den Tickets stand, konnten wir alle an der Reise teilnehmen.
Am Morgen des 24. Dezember sind wir dann in Mangalore angekommen und haben dort die Zeit in einem Restaurant und einer Mall totgeschlagen. Gegen frühen Nachmittag ging es per Government-Bus weiter Richtung Gokarna. Den gesamten Tag habe ich leider im Bus verbracht. Um halb 8 endete dann endlich unsere Busfahrt. Nach einer kalten Dusche sind wir schnell in ein nahegelegenes Restaurant aufgebrochen. Schließlich war Heiligabend und dazu gehört auch ein festliches Abendessen. Nach dem Abendessen gab es dann eine kleine Bescherung, wobei ich eine indische „Kaffeemaschine“ abgestaubt habe, die es mir erlaubt nach 5 Monaten endlich wieder Bohnenkaffee zu trinken. Leider war der Restaurantbesitzer Hindu und trotz Zureden von wegen „christian festival“ hat er uns um halb 11 vor die Tür gesetzt. Wir machten uns auf den Weg zum zugemüllten Stadtstrand von Gokarna. Dort am Strand stießen wir neben Kamelen auf ein Strandcafé, welches noch geöffnet war. Und wie sich herausstellte, waren die Besitzer diesmal christlich und hatten sogar ihr Establishment mit einem echten Tannenbaum und einer kleinen Krippe geschmückt. Dort kam bei einem Bier dann noch richtig Weihnachtsstimmung auf und es hat den Abend komplettiert.
Am ersten Weihnachtsfeiertag machten wir uns dann auf zum legendären Om-Beach. Dieser Beach ist vor allem bei Backpackern bekannt und erwies sich als einfach traumhafter Strand. In einer schönen Bucht gelegen und umgeben von ein paar Strandcafés, die auch Strandhuts vermieten. In solch einer Strandhütte haben wir dann zu viert für ein paar Tage genächtigt obwohl es sich erst als schwierig erwies hier einen Schlafplatz während der Weihnachtszeit aufzutreiben.
Die Weihnachtstage haben wir somit direkt am Meer verbracht, wobei uns sogar Bier und Essen an den Strand gebracht wurde. Insgesamt war der Om-Beach unglaublich ruhig, es waren schon recht viele „langhaarige“ Backpacker dort und man traf dort zum ersten Mal wieder auf eine Ansammlung von weißen Menschen, jedoch ergab sich dadurch eine angenehm entspannte Atmosphäre. Am 28. Dezember haben wir dann die Location gewechselt und sind per einstündiger Zugfahrt von Gokarna Richtung Palolem aufgebrochen, welches im Süden des Bundesstaats Goas liegt. Dort bot sich uns ein erschreckendes Bild. So waren wir vom Om-Beach nur wenige Strandcafé gewöhnt, hier waren diese aber dicht an dicht nebeneinander geklatscht. Außerdem war es von Touristen nur so überlaufen.
Philipp hat uns schon einen Tag vorher verlassen um mit seinen Eltern weiterzutraveln. Unser vierer Team wurde aber durch Susanne wieder komplettiert, die in Goa zu uns stieß. Mit ihr habe ich am darauffolgenden Tag dann eine Scooty-Tour durch halb Goa unternommen. Dazu muss man sagen, dass Goa der kleinste indische Bundesstaat ist und man die Nord-Süd Ausdehnung in einigen Stunden abreißen kann. Hinzu kommt, dass in Goa relativ wenige Einwohner leben, was wir auch beim Scootyfahren bemerkt haben. Sobald man vom „Highway“ (in Deutschland wäre es eine schlecht ausgebaute Landstraße) runter war, waren die Straßen leer. Und es hat dadurch unglaublich Spaß gemacht mit den Roller durch die Gegen zu cruisen.
Zurück am Strand von Palolem haben wir, durch Georg und Marleen , noch 3 Amerikaner kennengelernt, die wie wir seit 5 Monaten im Land sind und auch als Freiwillige arbeiten. Mit ihnen konnten wir uns dann gut über unsere bisherigen Erfahrungen als weiße Freiwillige in Indien austauschen. In Palolem blieben wir bis zum 31. Dezember. Gegen Silvestervormittag machten wir uns auf den Weg nach Anjuna im Norden Goas. Anjuna Beach ist bekannt aus alten Hippiezeiten und gilt immer noch als einer der Partystrände Goas. Leider waren die Unterkünfte völlig überfüllte, wir durften aber netterweise bei Laura und Yana im Doppelzimmer mit unterkommen. Silvester in Goa muss man sich nun folgender Maßen vorstellen: Strandcafés, die wie der Name schon sagt, direkt am Strand sind. Diese haben eben die Stühle rausgeschmissen und diesen Bereich zur Tanzfläche erklärt. Boxen gen Strand gedreht und krassesten Goa-Trance bis in die frühen Morgenstunden gespielt. Wenn mich jemand fragt, wie es war, würde ich sagen: Absolutely amazing!
Aber auch nur weil wir uns mit fast allen ICDE-Freiwilligen dort getroffen haben und gemeinsam ins neue Jahr gefeiert haben.
Am nächsten Tag ging es dann völlig verkatert per 14 stündiger Busreise von Goa nach Mumbai (ehemals Bombay). Und eine indische Langstreckenbusfahrt dürft ihr euch nun so vorstellen: Sobald es dunkel ist werden die Lampen ausgestellt (selbst die Leselampen) und Vorne geht der LCD-Screen an und in einer ohrenbetäubenden Lautstärke wird der neuste Bollywood-Schinken vorgeführt. An Schlafen ist nicht zu denken. Nebenbei haben sich eine ganze Hand voll Mitreisende während der Fahrt übergeben. Außerdem sind die Straßen Indiens verdammt schlecht ausgebaut und bei jedem Schlagloch ruckeln die Fenster etwas weiter auf, sodass es nach einer gewissen Zeit verdammt kalt wird.
Trotz großer Verwunderung sind wir am 2. Januar dann doch relativ ausgeruht in Mumbai angekommen. Wir wurden im einen Vorstadtbezirk abgesetzt und durften uns zum ersten Mal mit dem indischen Nahverkehrssystem auseinandersetzen. Uns war ein bisschen bange weil davon abgeraten wird während der Rushhour (8 -11Uhr und 17-19 Uhr) mit den S-Bahn ähnlichen Zügen zu fahren. Aber der 2. Januar war ein Sonntag, also Entwarnung! Von einem Schlepper, der darauf aus ist Touristen in Hotels zu lotsen von denen er eine Belohnung bekommt, haben wir einen guten Tipp für eine Unterkunft erhalten. So nächtigten wir in Mumbai zu viert in einem Dreibettzimmer. Hatten aber allen erdenklichen Luxus, selbst eine Klimaanlage war dabei.
Am ersten Tag waren wir noch ein bisschen gerädert von der langen Busfahrt haben uns aber trotzdem aufgemacht um die Stadt zu erkunden. Mumbai ist einfach unglaublich, man merkt sofort das kosmopolitische Flair. Es gibt in Mumbai aber auch die krassesten Gegensätze. So habe ich das erste Mal so etwas wie eine funktionierende Müllabfuhr gesehen, normalerweise schmeißt man in Indien seinen Müll auf die Straße. Mülleimer kennt man hier kaum. Aber im Mumbai werden selbst die Fußwege und Straßen gekehrt. Alles ist für indische Verhältnisse sehr sauber. Hinzu kommt das Straßenbild. Alles wirkt geordnet und weniger chaotisch, was wohl auch damit zusammenhängt, dass Threewheeler (Autoriksahs und kleine Lieferwagen), die unglaublich die Luft verschmutzen, in der Innenstadt verboten sind. In Mumbai steht auch das teuerste Privathaus. Das 27 stöckige Gebäude wird von nur einer Familie bewohnt, die von 600 Bediensteten verwöhnt wird. Und direkt davor sieht man etliche Familien die auf der Straßen leben. Man sieht kleine Kinder auf der Straße duschen und ständig wird man um Geld oder choclate angebettelt. Außerdem haben wir uns neben den anderen typsichen Sightseeing Points wie dem Taj Mahal Palace and Towers und dem Gateway of India auch die Dhobi Ghats angeschaut. So gut wie alles was in einer Wäscherei in Mumbai abgegeben wird, landet hier und wir per Handwäsche „steril“ gereinigt. Was für mich aber das absolute Highlight war, sind die ganzen viktorianischen Bauten, die ein Denkmal an ehemals glorreiche koloniale Zeiten darstellen. So steht in Mumbai ein Nachbau des Big Bens, nur halt unter Palmen. Es fahren in den Straßen Doppeldecker-Busse und die Victoria Terminus Train Station ist einfach atemberaubend. Mein Fazit: Mumbai muss man gesehen haben!
Zurück ging es am 6. Januar per Flieger nach Bangalore und von dort per 4 stündiger Busfahrt zurück nach Mysore.
Zurück im Projekt musste ich mich erstmal wieder einleben. Eine kleine Magenverstimmung machte mir zu schaffen aber passend zu meinem Geburtstag am 12. Januar war ich wieder fit.
Mein indischer Geburtstag hat mir echt gut gefallen. Schon morgens wurden Helmut und ich mit einem Kaffee ans Bett geweckt. Es folgte Frühstück (Reis) ans Bett und danach wurden Geburtstagsgeschenke ausgepackt.
Zum Morning Prayer wurde mir ein kleines Ständchen gesungen und es gab für alle Kinder „german-choclate“.
Gegen Mittag habe ich für die Kids ein abwechslungsreiches Essen ausgegeben weil wir hier wie gesagt morgens, mittags und abends nur Reis mit Soße bekommen. Außerdem ist es in Indien so Gang und Geben, das man an seinem Geburtstag nicht Geschenke bekommt sondern anderen Geschenke macht. Und das Essen ist bei den Kindern natürlich gut angekommen. Passenderweise hat am 12. Januar auch eine bedeutende indische Persönlichkeit Geburtstag. So hatten wir den Nachmittag frei und es wurde zu einer „function“ geladen. Eine kleine Feierstunde zu dem Gastredner erscheinen und die Kids eine kleine Performance vorführen.
Am Abend haben wir uns dann mit ein paar anderen Freiwillen in Mysore getroffen. So haben wir meinen ersten Geburtstag im „Sommer“ auf einem Rooftop-Restaurant ausklingen lassen. So Geburtstag feiern könnte man wiederholen.
Im Projekt ist der Alltag wieder eingekehrt. Nach einer kleinen Kritik weil wir das Spielen mit den Kids und unser Gemüsebeet vernachlässigt hatten, sind wir nun dabei diese beiden „Baustellen“ wieder auf Vordermann zu bringen. Nebenbei sind wir am Unterrichten, wobei unser eingeführter Stundenplan wieder über den Haufen geworfen wurde. Während unserer Abwesenheit sind neue Volunteers gekommen und andere gegangen. Unser Plan ist also nicht mehr up to date. Somit rätseln wir nun wieder jeden Morgen welche Unterrichtstunden auf uns zu kommen. Für die nächsten Tage wurde hier übrigens Holidays erklärt weil im nahegelenden Dorf Kenchalagudu ein großes Erntedankfest stattfindet. Es wird hier bei 29. Grad das Ende des Winters gefeiert, man merkt es hier aber wirklich langsam. Es hat seit Wochen nicht mehr geregnet, sofern wir die Pflanzen nicht bewässern würden, würde hier alles eingehen. Gegen Februar sollen die Temperaturen dann stetig ansteigen. Momentan ist es eigentlich bei 29 Grad und geringer Luftfeuchtigkeit sehr angenehm. Gegen Abend gehen die Temperaturen dann runter auf 19 Grad bzw. in letzter Zeit wird es noch kälter, sodass es auf dem Motorrad echt ars..kalt werden kann.
Wir haben noch 3 Monate harte Freiwilligenarbeit vor uns bevor im April und Mai die große Reisezeit bevorsteht. Bis dahin ist aber noch viel zu tun.