Dabei steht mein eigenes Bett gute 7500.00km entfernt. Und trotzdem hat sich heute fast so ein Gefühl wie „Nach-Hause-kommen“ eingestellt. 11 Tage sind wir in unserem Nachbarstaat Kerala rumgetravelt.
Bevor die Reise beginnen konnte wurde am 2. Oktober noch der 141. Geburtstag Mahatma Gandhis bei uns in der Schule gefeiert. Ganz professionell führten Swetha und Raji durch das Programm. Renu trug Mahatma Ghandi‘s Lebensgeschichte vor und die drei Gastredner versuchten den Kindern die Philosophie Ghandi’s von einem Leben in Frieden und Ehrlichkeit näher zubringen. Leider ist die Magic Show für die Kinder ausgefallen und so war die Feierstunde nach ca. 1,5 Stunden auch schon vorbei.
Nachdem für die Kinder Süßigkeiten ausgeteilt wurden, habe ich mich dann auf den Weg in die City gemacht. Dort habe ich mich mit Nils und Moula getroffen. Moula haben wir durch Zufall eine Woche zuvor kennen gelernt. Sein Bruder arbeitet in einer Werkstatt, die Royal Enfield Motorräder repariert und verkauft. Royal Enfield Motorräder kommen ehemals aus Groß Britannien und werden jetzt aber weiterhin in Indien hergestellt und sind die Motorräder überhaupt. Und Nils wollte sich unbedingt ein solches Motorrad zulegen. Ein Motorrad zu kaufen läuft dann ganz unkompliziert. Der Shopbesitzer ruft seine jeweiligen Kunden an, die ihr Motorrad verkaufen möchten. Diese kommen innerhalb von ein paar Minuten (oder auch Stunden) beim Shop vorbei. Man fährt die Maschinen zur Probe und kann sich dann für eine entschieden. Also haben wir an dem Nachmittag einige Maschinen Probe gefahren. Und am Ende des Tages war Nils stolzer Besitzer einer Royal Enfield Bullet 350 aus dem Jahre 1996. Es wurden nur schnell die Unterlagen ausgetauscht und schon gehörte das Motorrad ihm. Nur zum Verständnis: Um eine Sim-Karte zubekommen braucht man Passfotos, Adressnachweise und andere Dokumente. Ein Motorrad zu kaufen ist also einfach als sich eine Sim-Karte zu besorgen. Incredible India!
Am nächsten Morgen ging es dann ab in dien Urlaub. In Mysore haben wir, Marleen, Susanne, Georg und ich uns getroffen und sind zusammen von Mysore nach Bangalore mit Bus gefahren. Nach einem kurzen Abendessen in Bangalore wartet dann der Zug nach Trivandrum auf uns. Dieser sollte uns in 18 Stunden an unser Ziel bringen. Wir haben uns bewusst für die „sleeper class“ entschieden, denn in diesen Schlafwagen stehen jedem Reisende ein Bett für die Nacht zu. Tagsüber sind die Betten hochgeklappt, sodass man sitzen kann und nachts werden sie halt runter geklappt um sich schlafen zu legen. Eine sehr angenehme Art des Reisens. Nebenbei kann man sich bewegen und man bekommt durch fliegende Händler Kaffee und Speisen an seinen Platz geliefert. Einziges Problem: Bier trinken ist im Zug verboten. Und wir wurden natürlich prompt dabei erwischt wie wir unserer Feierabendbier getrunken haben. Und so hieß es 2000 Ruppees Strafe (ca. 30€; zum Vergleich die Zugtickets haben p.P. 6€ gekostet) oder beim nächsten Halt mitten in der Nacht raus. Ja und was soll ich sagen unseren ersten Beamten haben wir somit jetzt auch bestochen. Für 500 Ruppees in die eigene Tasche hat er uns dann nämlich weiterfahren lassen. Nicht schön aber effektiv!
Nach 18 Stunden sind wir dann mehr oder weniger erholt in Trivandrum angekommen. Ich konnte leider die Nacht über nicht schlafen bzw. wurde von Indern wachgemacht, die wir auf der Fahrt kennengelernt hatten und die sich doch nun noch schnell von uns verabschieden wollten. Aber wir hatten an dem Tag auch eine kleine Feierstunde: Wir waren noch nie so südlich auf diesem Globus und sind auch noch nie 18 Stunden am Stück Zug gefahren. In Trivandrum sind wir dann ins Hotel, haben uns noch schnell die Stadt angeguckt und sind danach schlafen.
Am nächsten Tag haben wir uns nach Kovalam aufgemacht, weil es dort laut Lonely Planet einen schönen Strand gibt. Leider hat uns die Monsumzeit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war durchweg am regnen. Und so haben wir uns in Kovalam direkt am Strand über 6 Stunden in einer German Bakery aufgehalten, in der es unter anderem auch deutsche Spezialitäten gab.
Unsere weitere Reiseplanung führte uns an die Küste von Varkala, dort gibt es eine beeindruckende Steilküste und Buchten in den man herrlich Schwimmen gehen könnte. Allerdings war die Strömung schon sehr stark, sodass wir uns mehr am Rand aufgehalten haben. Weil Off-Season war, lag der ganze Ort noch ganz verschlafen dar. Natürlich hatten wir auch dort einige Tage nur Regen aber auch in Varkala gibt es nette Restaurants, in denen man es den ganzen Tag aushalten kann. Und nachdem man die Speisekarte rauf und runter gefuttert hat, stehen immer noch nicht mehr als 10€ auf der Rechnung. Mit unseren 100€ Taschengeld haben wir hier schon eine starke Kaufkraft.
Das Highlight der Reise kam aber danach. Von Varkala haben wir uns dann auf den Weg nach Alleppey gemacht. Dort haben wir uns mit den anderen Freiwilligen zu einer gemeinsamen Hausboottour verabredet. Gegönnt haben wir uns dann ein Party-Hausboot. Wir waren ingesamt 25 Freiwillige, wobei nur 20 Leute ein eigenes Bett hatten. Was sich aber als nicht weiter schlimm herausstellte, da ein Teil der Freiwilligen einfach auf dem Dach des Hausbootes unterm Sternenhimmel übernachtet hat.
Als wir dann den Sonnenuntergang vom Sonnendeck beobachten, sind wir schon ein bisschen sentimental geworden:
Das Ganze hier nennt sich offiziell Zivildienst. Was für ein verdammtes Glück wir hatten, dass wir an so eine Stelle überhaupt rangekommen sind, wird mir in solchen Momenten immer wieder klar.
Aber zurück zur Backwaterstour, in dieser sind nämlich „Fahrer“, Köche und allerlei Bedienstet mit inbegriffen. So gab es zu Beginn einen kleinen Welcome-Drink gefolgt vom Mittagessen, gegen Abend dann Diner und morgens nochmal ein Kerala-Special Breakfast. Leider fahren diese großen Hausboote nur durch die großen Kanäle und fahren eigentlich auch nur 5 Stunden rum ansonsten liegen sie vor Anker. Aber wir haben die Zeit genutzt und sind zum Beispiel Schwimmen gegangen oder haben die Gegend erkundet. Schön war die Hausboottour aber vor allem dadurch, das man sich mit fast allen Freiwilligen wieder getroffen hat und sich in angenehmer Atmosphäre austauschen konnte.
Am nächsten Tag haben wir uns dann von Alleppey weiter gen Norden aufgemacht und sind nach einer guten Stunde Busfahrt in Kochin angekommen. Dort wurde uns empfohlen unbedingt in Fort Cochin ein Hotel zu nehmen. Und ich muss sagen Fort Cochin ist echt schön. Cochin ist sehr durch die portugiesische Kolonialzeit im 15. Und 16. Jahrhundert geprägt worden und dieser Eindruck schimmert halt bis heute noch durch. Die Stadt besteht aus kleinen Gassen, schönen Häusern und es ist angenehm ruhig. Es kommt einem so gar nicht wie Indien vor. Zudem zählen die chinesischen Fischernetze zu einem der Highlights von Cochin.
Nach einem kleinen Abstecher in die echten Backwaters mit einem Kanu ging es dann am Abend des 13. Oktober per Zug in der „sleeper class“ in 12 Stunden zurück nach Bangalore und von dort mit Bus weiter nach Mysore.
Wieder zurück im Projekt war es dann doch ungewöhnlich ruhig weil grad aufgrund des Desera Festivals alle Kinder bei ihren Eltern Zuhause sind. Nur ein kleiner Teil von Kindern ist noch hier, diese kommen entweder von weiter weg oder haben keine Eltern mehr.
Aber es wartete eine kleine Überraschung auf mich. Ein Paket aus Deutschland ist nach nur 9 Tagen während meiner Abwesenheit hier eingetroffen. So sind wir für den bald wieder beginnenden Unterricht bestens mit german choclate (Gummibärchen) und für die Gartenarbeit mit allerlei Gemüsesamen aus Deutschland ausgestattet.
Die letzen Tage meines Urlaubs hab ich hier im Projekt verbracht. Einfach mal die Ruhe genossen, ein bisschen meine Sachen gewaschen oder ich ließ es mir bei indischen Chai gutgehen. Zum Highlight des Desera will ich aber unbedingt in die Stadt, wobei diese aufgrund der Feiertage von indischen Touristen nur so überlaufen ist. Aber das Desara Festival soll das Event hier in Mysore sein, so ist es zumindest in allen Reiseführern beschrieben. Ich guck mir das die Tage mal an.