Darf ich mich Vorstellen?! Mein Name ist Patrick, Patrick Anna.
Ja ihr habt richtig gehört, jedoch handelt es sich bei Anna nicht um irgendeinen peinlichen Doppelnamen sondern um meinen Namen hier im Projekt. Von den Schülern werden wir hier auch nur kurz Anna genannt. Dazu müsst ihr aber auch wissen, dass Anna hier großer Bruder bedeutet.
Somit haben Helmut und ich uns mal eben einen neuen Namen zugelegt. Total witzig.
Nun sind wir schon seit knapp einer Woche im Projekt und es ist mal wieder viel passiert.
Letztes Wochenende durften wir unsere erste Unterrichtsstunde halten. Nun fragt ihr euch natürlich was wir so an Unterricht geben, dies ist aber völlig unterschiedlich. So werden wir hier für maths, computer und english jeden Tag neu eingeteilt.
Ja meine lieben ehemaligen Englischlehrer, das hättet ihr wohl nicht erwartet, dass ich nochmal als Lehrer fungiere. Und dann auch noch als Englischlehrer.
Aber es klappt erstaunlicher Weise gut. Ich hab mit Helmut auch einen kompetenten Partner an meiner Seite. Nur zur Info, er ist Halb-Ire und kann mir bei Problemen sehr gut helfen.
Der Unterricht läuft aber jedes Mal total anders ab. So gibt es hier unterschiedliche Altersklassen (5- 16-jährige Schüler)die zu kleinen Klassen zusammengefasst werden.
Mit den älteren Kindern kann man sich relativ gut auf Englisch unterhalten. Mit den jüngeren, vor allem mit den 5-jährigen kann man nur bruchstückhaft kommunizieren. In solch eine Klasse wurden wir natürlich gleich gesteckt. Wir sollen den Kindern spielerisch Englisch beibringen. Leichter gesagt als getan. Dabei hat unser Projekt echt eine Menge sinnvolles Spielzeug, nur leider haben uns die Kiddies gleich ausgetrickst. Sie wussten natürlich wo das Spielzeug gelagert wird und haben sich sofort daran gemacht jegliches Spielzeug aus dem Schrank zu räumen. Sofern wir sie dazu aufgefordert haben, doch bitte wieder was zurück in den Schrank zu legen, sind die Kinder sofort angefangen zu weinen. Als wir dann auf Grund des Weinens zurückgeschreckt sind, haben sie uns mit froher Miene angegrinst und gesagt: Joke. Die haben es faustdick hinter den Ohren. Aber die kriegen wir auch noch gebändigt.
Leider planen die Inder nicht so vorausschauend wie wir. Dies haben wir zum einem dadurch gemerkt weil wir halt jeden Morgen einen neuen timetable für den jeweiligen Tag bekommen. Zum anderen habe ich am Sonntag mitgeteilt bekommen, dass ich am Montag aufbreche um meine resident permit zu erhalten. Nebenbei hab ich dann auch erfahren, dass ich sogar bis Mittwoch dort in Bangalore bleiben werde. Gut mit diesen spontanen Aktionen werde ich mich wohl im nächsten Jahr arrangieren müssen, aber ich hab mich natürlich gleich auf ein paar Tage gratis Aufenthalt in Bangalore gefreut.
Montag um 5 in der Früh ging es dann Richtung Mysore Bahnhof und von dort per Zug nach Bangalore. Indische Zugfahrten haben schon was an sich. Von Station zu Station wird der Zug immer voller. Man sitzt zu dritt auf einer Bank, wobei die Lehne in den 90° Winkel absteht und man durch diesen Zustand nicht wirklich eine vernünftige Sitzposition finden kann. Man kann somit nachvollziehen warum uns empfohlen wurde auf langen Reisen die“ sleeper class“ zu wählen. Dort hat man dann eine ganze Liege für sich alleine.
In Bangalore angekommen ging es dann mit Nils und einer indischen Teamerin Richtung Police Office. Dort trafen wir dann auf Ronja und Leonie, die ebenfalls noch eine Aufenthaltsgenehmigung benötigten. Die Prozedur kannten wir ja nun von der vorigen Woche, allerdings ging es bei uns deutlich schneller vonstatten.
Den Rest des Tages haben wir dann im ICDE Office verbracht. Dort haben wir erfahren, dass am nächsten Tag eine Ehrung des ICDE India durch den Rotary Club India bevorsteht. Zu diesem Anlass sollen wir Freiwilligen doch bitte wieder was vormachen und ein kleines Quiz über Deutschland entwerfen. Na, was hab ich euch grad noch über indische Spontanität erzählt?
Das Quiz haben wir dort noch schnell entworfen bevor es wieder mal zum Police Office ging um endlich unsere lang ersehnte resident permit in Empfang zu nehmen.
Dort haben wir dann auch Hauke getroffen. Wobei man sagen muss, dass es Hauke in den letzten Tagen echt hart getroffen hat. Sein Zimmer besteht aus einem kleinen Raum, der zur Hälfte mit alten Teppichen gefüllt ist und es auch noch rein regnet. Nebenbei kann er mit den Schülern seiner Schule null kommunizieren weil diese kein Englisch verstehen und er nur die Brocken Kannada aus unserem Sprachkurs kennt. Und zu allem Überfluss wurde seine Kreditkarte auch noch vom Bankautomaten eingezogen. Hauke hat sich dann schnell dazu entschlossen mit Nils und mir ins Hotel zu fahren, damit er bloß nicht zurück in seine derzeitigen Umstände muss.
Dort im Hotel haben wir uns dann also ein Doppelzimmer mit 3 Personen geteilt und den weiteren Abend haben wir in Bangalore City mit teurem indischem Bier verbracht.
Am nächsten Morgen sind Nils und ich dann erstmal zu einem Mobilfunkanbieter gefahren, denn dank Aufenthaltsgenehmigung sind wir nun endlich in der Lage SIM Karten und Internetsticks zu besorgen. Da es mit der Simkarten-Registrierung nicht auf Anhieb geklappt hat, haben die Shop-Mitarbeiter kurzer Hand die Sim Karten und Sticks auf ihren Namen registriert. Mir soll es egal sein auf welchen Namen hier was läuft. Ich kann endlich in Indien telefonieren und ins Internet. Für mein Blackberry habe ich mir auch gleich eine Internetoption dazu bestellt. Dieses Wilde nach dem Weg fragen und dann in unterschiedliche Richtungen geschickt werden, hab ich somit bald dank Google Maps auch unterbunden.
Langsam kommt man auch dahinter wie das indische Auto-Riksah fahren funktioniert. Die Jungs sind nämlich auch wahnsinnig gewitzt. Mal fahren sie mit dir Zickzack durch die Stadt nur damit nachher mehr auf dem Meter steht oder sie schalten die Dinger erst gar nicht ein um dann das Fünffache des Preises zu verlangen. Aber nicht mit uns! 😉
Jedenfalls haben wir am Dienstag so gut wie alle Freiwilligen aus Mysore und Bangalore und als Special Guest sogar Max und Manu getroffen. Gegen Abend ging es dann zur Rotary Ehrung, was wiedermal mit langen Reden verbunden war. Höhepunkt des Abends war dann das Freibier bzw. der Whisky Stand. Was auf nüchternen Magen natürlich super ankam.
Leider wurde die Runde verfrüht aufgelöst, somit ist es nicht zu irgendwelchen Ausfällen gekommen.
Im Hotel haben wir dann letztendlich mit vier Leuten in einem Doppelzimmer geschlafen. Dabei haben wir uns aber noch ein drittes Bett aus dem Nachbarzimmer geholt, ansonsten wäre es eine unangenehme Nacht geworden.
Den gestrigen Tag haben wir nochmal im chaotischen Bangalore verbracht. Sind ein bisschen Shoppen gegangen und sind in der indischen Variante des Restaurants “ Zur goldenen Möwe“ eingekehrt.
Gegen Nachmittag sind wir dann mit dem Express- Zug zurück nach Mysore. Während der Zugfahrt haben wir dann leider gemerkt, dass einige aus unserer Mysore Truppe fehlten. Unter anderem mein Zimmerkollege Helmut. Und nun ratet mal wer unser Zimmer abgeschlossen hat und den Schlüssel bei sich hatte?
Also blieb uns in Mysore nichts anderes übrig als zu warten und so haben wir mal die Kneipenszene in Mysore ausprobiert. Leicht beschwipst ging es dann auf den Rückweg weil wir keine Lust mehr hatten, zu warten.
Im Bus fällt man als Westler sofort auf, vor allem als Westler, der sich unsicher ist ob er überhaupt im richtigen Bus sitzt. Allerdings hatte ich nette Sitzkompanen, die mir sofort geholfen haben meine Station nicht zu verpassen. Es gibt hier nämlich weder Fahrpläne noch erkennbare Haltestationen. Man muss sich die Umgebung der Station also gut einprägen. Vor allem im Dunkeln sehr lustig. Gegen kurz nach 21 Uhr bin ich dann völlig erschöpft im Projekt angekommen und durfte noch kurz auf Helmut warten, der dann gegen halb 11 hier aufgeschlagen ist.
Der heutige Tag bestand dann aus Englischunterricht für die unterschiedlichen Altersklassen.
Absolutes Highlight war als ein Angestellter des Projekt, der leider nur Kannada spricht, uns klarmachen wollte, dass ein Hund unsere Schuhe geklaut hat. Natürlich nicht unsere Schuhe sondern nur meine Schuhe.
Also hieß es Ausschwärmen und mit alle Mann diesen verdammten Hund suchen. Nach ein paar Minuten hatten wir den Übeltäter gefunden und ich hatte meinen angekauten Schuh zurück. Ab jetzt werden Schuhe nur noch in unserem Zimmer abgestellt.